Aktuelles Interview

Eldbjørg Hemsing

Eldbjørg Hemsing im aktuellen Interview.

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Claudio Bohórquez im Interview

Claudio Bohórquez

«Mein Verhältnis zur Musik aus Peru und Uruguay ist hervorragend.»

Der in Deutschland geborene Cellist peruanisch-uruguayischer Abstammung zählt zu den gefragtesten Musikern seines Instrumentes. Neben seiner solistischen Tätigkeit ist er Professor an der Musikhochschule Stuttgart.

Classicpoint.ch: Sie sind in Deutschland geboren, Ihre Eltern kommen aus Peru und Uruguay. Wie ist Ihr musikalisches Verhältnis zu Ihren südamerikanischen Wurzeln?
Mein Verhältnis zur Musik aus Peru und Uruguay ist hervorragend. Seit Kindertagen höre ich regelmäßig und mit Begeisterung sowohl die peruanische Salsa-Musik und die uruguayische Tango-Musik. In den letzten Jahren habe ich mich auch öfter auf das Tanzparkett getraut um sowohl Tango wie auch Salsa tanzen zu lernen. Leider bleibt mir aber kaum Zeit dafür, aber ich kann es nur weiterempfehlen! Erwähnenswert ist, dass der weltweit berühmteste Tango "La Cumparsita" gar nicht aus Argentinien stammt, wie man vermuten würde, sondern aus der Feder des uruguayischen Komponisten Matos Rodríguez.

Ihre Eltern sind beide auch Berufsmusiker. Wie gross ist ihr Anteil daran, dass Sie Ihre Karriere gemacht haben?
Meine Eltern haben mich von frühester Kindheit an der klassischen Musik ausgesetzt. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich als 6-jähriger "Die Zauberflöte" gleich zweimal hintereinander hören musste und dabei das große Booklet der LP mit Begeisterung mitgesungen habe.
Als ich dann mit dem Cellospielen anfing, waren meine Eltern eine große Stütze beim täglichen Üben, und meine klavierspielende Mutter hat mich von Anfang an begleitet. Ich habe mich nie unter Druck gesetzt gefühlt, Profi-Musiker zu werden, aber es gab eine entscheidende Bedingung. Meine Eltern wollten, dass ich, wenn ich das Cellospielen lernen wollte, auch jeden Tag etwas dafür tun sollte, also Üben! Sollte ich dies nicht einhalten, würde mir das Cello ohne weitere Diskussion wieder entzogen. Ich war gerade 7 Jahre alt. Naiv und hochmotiviert habe ich sofort zugesagt. Einige Wochen später kam der Tag, an dem mir Fussball wichtiger war als das Celloüben, zumal es ein sonniger Sommertag war, und meine Schulfreunde im Anschluss an die Schule spontan verabredet waren, ich inklusive. Nun pochten meine Eltern auf die vereinbarte Bedingung, und selbstverständlich hatte ich keine Lust. Daraufhin antworteten sie, dass sie mir nun das Cello wegnehmen würden und trotzig wie ich damals war, ging ich beleidigt auf mein Zimmer mit dem Entschluss, sofort zum Fussball zu gehen. Nach dem kurzen Weg zu meinem Zimmer, wurde mir aber bewusst, dass ich nicht das Cello missen wollte, hockte mich also hin, übte mein Pensum und konnte dann zufrieden zum Fussball. An diese Episode erinnere ich mich regelmäßig und bin meinen Eltern sehr dankbar. So habe ich schon sehr früh Disziplin und/oder auch Selbstsdisziplin gelernt, ohne zu wissen, was dieses Wort damals überhaupt bedeutete. Das war natürlich enorm hilfreich für meine Entwicklung.
 
Sie waren Schüler von Boris Pergamenschikow, später Gast-Professor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Wie war die Umstellung vom Studenten zum Lehrer an derselben Institution?
Dies ist nun schon zehn Jahre her und ich empfand es nicht als große Umstellung. Mein langjähriger Lehrer und Mentor Prof. Boris Pergamenschikow hatte mich während meiner Studienzeit enorm gefördert, und es war ihm immer ein wichtiges Anliegen, einen unabhängigen Künstler mit eigenen Meinungen aus seinen Studenten zu locken.
Es war, wenn auch durch seinen frühen Tod, eine viel zu kurze besondere Zeit, neben ihm zu unterrichten, und wir hatten stets einen aktiven Meinungsaustausch. Noch heute erinnere ich mich in jeder Unterrichtsstunde, die ich gebe, an ihn und achte sehr darauf, die Grundsätze, die er vertrat, an meine Studenten weiterzugeben.
 
Sie unterrichten mittlerweile als hauptamtlicher Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Inwiefern unterscheiden Sie sich von anderen Cello-Professoren?
Nun, es liegt in der Natur der Einzigartigkeit jedes Menschen. Deshalb wäre diese Frage besser an meine Studenten gestellt oder an Teilnehmern meiner bisherigen Meisterklassen. :-)

Sie haben gemeinsam mit dem Maler Klaus-Peter Kirchner das Installations-Projekt "Raum für Pablo Casals" als Hommage an den großen Cellisten entwickelt. Was war das genau, und wie ist es dazu gekommen?
Als ich 2000 den 1. Preis beim Casals-Wettbewerb in Kronberg gewonnen habe und infolgedessen das berühmte Goffriller-Cello von Pablo Casals zwei Jahre lang spielen durfte, habe ich mich sehr mit den verschiedenen Biografien von Pablo Casals vertraut gemacht. Dabei fiel besonders auf, wie sehr er auch eine starke Persönlichkeit inne hatte und in seiner Zeit sich besonders für die Meinungsfreiheit, Demokratie und Brüderlichkeit eingesetzt hat. Dem wollten Klaus-Peter Kirchner und ich ein musikalisch-künstlerisches Denkmal setzen mit einer Installation und einem parallelen Live-Konzert.

Welche Interessen haben Sie neben dem Cello und der klassischen Musik?
Tango und Salsa tanzen, Yoga, Meditation, Joggen, und ein großes Faible für Fussball sowohl aktiv wie auch als Zuschauer.

Welche musikalischen Zukunftspläne haben Sie?
Derzeit bin ich damit beschäftigt, die großen Standardwerke von Bach, Beethoven und Brahms des Cellistenrepertoire intensiv zu recherchieren und entsprechend frühestens in zwei bis drei Jahren Aufnahmen zu planen.
In dieser Saison bin ich an verschiedensten Konzertorten in der ganzen Welt engagiert, u. a. am Konzerthaus Berlin, beim Beethovenfest Bonn und übrigens auch beim Beethoven-Festival in Warschau, beim Festival Casals de Puerto Rico oder beim Forth Worth Symphony Orchestra in Texas. Gleichzeitig habe ich eine Professur an der Musikhochschule Stuttgart und gebe regelmäßig bei verschiedensten Anlässen Meisterkurse. Wichtig ist für mich, eine gute Balance zwischen eigenen Auftritten und dem Unterrichten zu haben.



Interview von Florian Schär | Classicpoint.ch | 2.12.2013
Bild: Neda Navaee

 

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