Rainer Schmidt vom Hagen Quartett im Interview
«Verschiedene Meinungen gibt es.»
Rainer Schmidt ist seit 1987 Mitglied des Hagen-Quartetts, wo er die zweite Violine spielt. 1989 gründete er das Ravinia Trio. Rainer Schmidt doziert am Mozarteum Salzburg, an der Escuela superior Reina Sofia in Madrid und ist Professor für Violine und Kammermusik an der Hochschule für Musik der Musik-Akademie der Stadt Basel.
Classicpoint.ch: Wie sind Sie eigentlich zum Hagen Quartett gekommen?
Ich studierte im Schuljahr 1986/1987 in den USA. Dort rief mich das Quartett an und fragte, ob ich nach Salzburg kommen würde, um gemeinsam zu proben und zu sehen, ob wir eine gemeinsame Zukunft hätten. Das ging sehr gut, und ein paar Monate später begann ich.
Im Gegensatz zu den drei anderen Mitgliedern des Quartetts gehören Sie nicht zur Familie. Gab es schon Momente, bei denen Sie das gespürt haben?
Ich wurde von Anfang an wie ein neues Mitglied der Familie behandelt, was schön und berührend war. Während unserer eigentlichen Arbeit, nämlich Proben und Konzertieren, merke ich nichts. Diese Momente kommen eher von aussen.
Sie sind bereits seit 24 Jahren beim Hagen Quartett dabei. Wie laufen die Proben ab? Gibt es jemand, der die Leitung übernimmt?
Je nachdem. Es gibt keinen vorherbestimmten Leiter, sondern wechselnde Initiativen.
Bei jeder Gruppe von Menschen, die intensiv miteinander arbeiten und leben gibt es unweigerlich verschiedene Rollen, hierarchische Strukturen und Kleingruppenbildungen. Wie ist das beim Hagen Quartett?
Kleingruppenbildungen kann ich definitiv ausschliessen. Verschiedene Meinungen gibt es aber durchaus ab und zu. Die werden demokratisch behandelt und wir sind bisher jedes Mal zu einer Einigung gekommen, mit der jeder leben konnte. Hierarchische Strukturen, ausser denen, die wir selbst für uns festgelegt haben, um bestimmte Abläufe zu erleichtern, gibt es nicht. Verschiedene Rollen haben wir selbstverständlich, aber welche, mit denen wir gut leben können.
Kommt es vor, dass Sie sich auch mal streiten?
Ganz selten.
Was ist das Rezept, um so lange erfolgreich mit Freude zusammen zu arbeiten, und nicht langsam nur noch als Zweckgemeinschaft zusammen zu bleiben?
Gegenseitiger Respekt, keine „Egos“, richtige Prioritäten setzen.
Sie spielen immer die 2. Geige. Was reizt Sie an dieser Stimme und gibt es auch Momente, bei denen Sie gerne mal die erste Geige spielen würden?
Ich würde sicherlich gerne auch mal die anderen Instrumente im Quartett spielen, vor allem Cello würde mich reizen. Jedes Instrument hat seine ganz eigene Funktion, ohne die das Quartett unvollständig ist. Der Sinn der Melodiestimme erschliesst sich ja erst durch die anderen Stimmen. Eine typische Rolle der 2. Geige ist es, dem Ganzen überhaupt erst den Charakter zu verleihen, der zwingend notwendig ist.
Welche Streichquartette mögen Sie besonders?
Es gab und gibt ganz hervorragende Ensembles, die ich bewundere, und denen ich danken möchte für die viele Arbeit, die sie investiert haben.
Sie sind mit dem Hagen Quartett von der Deutschen Grammophon zum kleinen Label Myrios Klassik gewechselt, warum?
Wir sahen keinen Platz mehr für uns bei der DGG. Künstlerisch war es nicht mehr unsere Heimat. Myrios Klassik, bzw. Herr Stephan Cahen, bietet uns sehr, sehr viel. Wir freuen uns, dass wir dieses Label gefunden haben und auf die kommenden gemeinsamen Aufnahmen.
Sie unterrichten auch an der Musik Akademie Basel und in Salzburg. Wo sehen Sie die Unterschiede dieser beiden Lehrstätten?
Es gibt Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Beide Institute haben Tradition, sind verankert in der Stadt, dennoch erzählen sie auch wiederum verschiedene Geschichten. Meine Heimat ist ja jetzt Basel, und ich bin sehr gerne dort.
Interview von Florian Schär | Classicpoint.ch | 12.10.2011
Foto: Harald Hoffmann
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