Rolando Villazón im Interview
« Ich geniesse alles, was noch kommt. »
Rolando Villazón ist der zurzeit berühmteste Tenor der Welt. Er führt auch immer wieder selbst Regie, schreibt Bücher, zeichnet Karikaturen und moderiert am Fernsehen.
Nach Ihrem Schulabschluss wollten Sie Priester werden und waren ein paar Monate in den Bergen in einem Kloster. Warum haben Sie sich dagegen entschieden?
Während dieser Zeit habe ich gemerkt, dass es doch nicht das Richtige war für mich, und letztlich hat auch die Liebe zu meiner heutigen Frau die Entscheidung beeinflusst.
Sehen Sie Parallelen zu Ihrer heutigen Tätigkeit?
Als Priester wie als Sänger hat man etwas zu sagen. Man möchte Menschen bewegen und berühren.
Wie gross ist der Stellenwert Ihrer Religion heute?
Ich habe mich mit dem Materialismus und dem Buddhismus beschäftigt und bin für mich zum Schluss gekommen, dass es eine höhere Ordnung gibt. Diese ist aber kein Mann oder eine Frau, die oben in den Wolken sitzt. Heute sind diese Fragen für mich aber in den Hintergrund gerückt.
Wie und wann haben Sie Ihre Stimme entdeckt?
Da gab es kein besonderes Ereignis. Ich habe viel gesungen und hatte Freude daran. Es gab Menschen, die mich gehört und gefördert haben, und so ergaben sich immer wichtigere Auftrittsmöglichkeiten.
Sie zeichnen auch gerne Karikaturen und Begleitzeichnungen zu Produktionen, sind Moderator am Fernsehen, sind Model in der Werbung etc. Haben Sie überhaupt Zeit für alles?
Ich habe nicht das Gefühl, dass irgendetwas zu kurz kommt. Es braucht einfach ein sehr gutes Zeitmanagement. Ich kann nicht meherere Sachen gleichzeitig machen. Ich muss mich auf eine Sache fokussieren und in diese auch eintauchen können. Ich liebe die Abwechslung und alles, was ich machen darf.
Sie sind auch als Regisseur tätig. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Es ist grossartig, den Prozess einer Inszenierung mitzugestalten. Ich habe zwar klare Vorstellungen, wie etwas sein soll, lasse mich aber auch sehr gerne auf die Ideen der Sänger ein. Es ist eine gemeinsame Entwicklung, die ich führen darf, und das macht unglaublich Spass.
Hatten Sie schon mal Probleme als Sänger mit einem Regisseur?
Nein, nicht wirklich. Natürlich gibt es Ideen, welche schwieriger umzusetzen sind, aber der Dialog ist wichtig. Auch als Regisseur lasse ich mich überzeugen, wenn etwas einfach zu kompliziert und nicht umsetzbar ist.
Welche sind Ihre meistgeliebten Rollen und warum?
Ich kann mich nicht auf einzelne Rollen festlegen. Im Moment ist es so, dass ich am liebsten neue Rollen entdecke, die ich noch nie gesungen habe.
Haben Sie Pläne für die Zukunft, Projekte, welche Sie unbedingt in Ihrem Leben realisieren möchten?
Nein, eigentlich bin ich total zufrieden mit allem, was ich bereits gemacht habe. Alles, was jetzt noch kommt, ist ein Geschenk. Ich werde es geniessen.
Was machen Sie, um sich zu entspannen?
Ich trinke gerne ein Bier mit Freunden oder gehe ziellos flanieren.
> Zu hören ist Rolando Villazón am 7.10.2017 im KKL in Luzern.
Interview von Florian Schär | Classicpoint.net | 4.9.2017