Du Friedefürst, Herr Jesu Christ
BWV 116 zum 25. Sonntag nach Trinitatis
Als Fokus des Monats Dezember präsentieren wir Ihnen die Kantate BWV 116 «Friedefürst, Herr Jesu Christ».
Die Kantate BWV 116 bildet den zum 25. Sonntag nach Trinitatis 1724 bestimmten Teil des Choraljahrgangs. Sie artikuliert die zeitlose Bitte um Frieden und Errettung aus Not und Strafe jedoch in so drängend-beklemmender Weise, dass man in der Bachforschung lange an einen aktuellen Kompositionsanlass glauben mochte (etwa im Umfeld der für Sachsen verderblichen Schlesischen Kriege ab 1740). Dass sämtliche Sätze in stark gewürzten Kreuztonarten stehen und Bachs Partitur aufgrund ihrer exaltierten Harmonik und markanten Notation von Doppelkreuzen stellenweise schwer lesbar ist, passt zur gespannten Atmosphäre dieser Busskantate in tempore belli.
Ein unbekannter Dichter schuf auf der Grundlage des Liedes «Du Friedefürst, Herr Jesu Christ» von Jakob Ebert (1549–1615) eine Choralkantate, indem er die erste und die letzte Strophe wörtlich übernahm und den Inhalt der Binnenstrophen zu Arien und Rezitativen umarbeitete. Das Sonntagsevangelium (Matthäus 24, 15–28) handelt von der grossen Bedrängnis beim Anbruch der Endzeit, vom Greuel der Verwüstung und dem Auftreten falscher Messiasse. In der Form eines Gebetes beklagt der Kantatentext selbstverschuldetes Unglück und bittet um Vergebung und um Rettung aus Not und Krieg. Die ältere Ansicht, dass Bach mit dieser Kantate auf die auch in Leipzig spürbaren Bedrängnisse der Schlesischen Kriege nach 1740 reagierte, konnte Alfred Dürr mit quellenkritischen Argumenten entkräften – tatsächlich entstammt die Kantate Bachs Choraljahrgang von 1724/25. Auffällig ist, dass Bach der äusserlich schmucklosen und kompakten Anlage durch harmonischen Reichtum und das veränderte Dacapo sowohl der Altarie als auch des Terzetts besondere Kunsthaftigkeit verliehen hat.
In der Werkeinführung erhalten Sie in Begleitung von Pfarrer Karl Graf sowie von Dirigent Rudolf Lutz wertvolle, vertiefende Einblicke in die Komposition. In den Reflexionen betrachten Persönlichkeiten aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen die barocken Kantaten und ihre Texte aus heutiger und persönlicher Sicht. Hören, sehen und lesen Sie vorliegend zu BWV 116 die Meinung aus Sicht von Heidi Tagliavini.
Die Werkeinführung sowie das Konzert und die Reflexion durfte die J. S. Bach-Stiftung in der evang. Kirche in Trogen am 20.11.2015 zur Aufführung bringen.
Wir wünschen Ihnen viel Hör-, Seh- und Lesegenuss.
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