Nigel Kennedy im Interview
« Der erste Geigenlehrer liess mich jeweils nur 5 Minuten spielen... »
Nigel Kennedy spielte mit beinahe allen grossen Orchestern und unter allen bedeutenden Dirigenten der Welt. Wegen seines unkonventionellen Auftreten gilt er als das Enfant terrible der klassischen Musikszene. Seine Interpretation von Vivaldis «Vier Jahreszeiten» ist das meistverkaufte Klassikalbum aller Zeiten.
Classicpoint.net: Sie haben eine spezielle Verbindung zu Polen und Ihre Frau Agnieszka ist Polin. Was ist besonders an Polen?
Ich war in Polen, bevor ich Agnieska geheiratet habe, und ich war beeindruckt von der Hingabe, der Herzlichkeit und der Intelligenz der Musiker. Sie schauten nicht die ganze Zeit auf die Uhr, und es war nicht alles gewerkschaftlich organisiert. Nach 3 Stunden Probe musste ich stoppen. Sogar ein Orchester würde proben, bis es den guten Klang gefunden hat und nicht nur, solange die Probezeit festgelegt ist. Diese Haltung mag ich sehr. Es war auch sehr schön, die Jazzmusiker zu treffen. Sie haben den Jazz ausserhalb Amerika am stärksten weiterentwickelt. Die polnischen Musiker haben mich mit ihrem Herz und ihrer Hingabe geprägt, und auch ich versuche, sie zu beeinflussen.
Was sind Ihre frühesten Erinnerungen bezüglich Violine?
Ich hatte einen sehr guten Geigenlehrer mit 7 Jahren. Meine Mutter brachte mich dazu, Geige zu lernen. Mein Vater ging nach Australien zurück, bevor ich geboren wurde. Er war, wie auch mein Grossvater, Cellist. Meine Mutter dachte, dass ich eventuell für ein Streichinstrument talentiert sei, wollte aber nicht ein Cello im Haus haben, da mein Vater sie verlassen hat. So entschied sie sich für die Violine als Instrument für mich. Der erste Geigenlehrer liess mich jeweils nur 5 Minuten spielen, gab mir danach Süssigkeiten und schickte mich in den Garten, damit ich Kastanien und anderes suchen konnte. Das war grossartig. Ich liebte es, da ich nicht Geige spielen musste.
Wen würden Sie zu einer Nigel Kennedy Dinner Party einladen?
Ich würde bestimmt Nicola Sturgeon einladen. Ich mag sie und denke, dass sie ok ist. Dann würde ich Tyson Fury einladen. Ich finde ihn toll. Er wurde dauernd kritisiert. Aber man kann nicht politisch korrekt sein und dann wie eine eingesperrte Bestie im Boxring kämpfen. Ich mochte Mike Tyson deshalb auch. Hey, ich weiss nicht, Nicola Sturgeon und Tyson Fury ergeben ein perfektes Hochzeitspaar. Das würde die Party krachen lassen. Ich denke als Komponisten wäre Stockhausen eingeladen. Er hatte einige Frauen und Geliebte dazu, das wäre interessant. Zudem würde ich einen Aston-Villa-Spieler einladen, entweder Sid Cowans oder Gary Shaw. Das waren zwei Legenden bei Villa, also einer davon. Dann wäre noch ein Platz frei. Diesen würde ich mit Muhammed Ali besetzen. Er hatte Charisma. Wenn er nicht Parkinson gehabt hätte, wäre er vielleicht der erste dunkelhäutige Präsident von Amerika geworden. Er hat viel für die Rechte der Dunkelhäutigen getan als Kriegsdienstverweigerer mit der Aussage: «Why should I fight some yellow guys for some pink guys when I’m a black guy?» Es war die Zeit, die auch von Grössen wie James Brown und Aretha Franklin geprägt wurde.
Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Entzückend.
Gibt es bei Ihnen neben der Musik auch noch andere Leidenschaften?
Hauptsächlich wettbewerbsfähige Sportarten: Fussball, Boxen, Tennis und Cricket sind alle wichtig für mich. Tennis spielt man für die Auszeichnung. Tennisspieler haben individuelle Charaktere. Novak Djokovic und Andy Murray sind sehr elegant und grosse Vorbilder für die Menschen. Es ist erstaunlich. Man sieht, wie sie gross werden vom launischen, jungen Schwachkopf bis zum Menschen, der alles gibt um immer noch besser zu werden. Das ist eine vorbildliche Entwicklung für uns alle. Ich kann es kaum glauben, wie ein 28-jähriger Mann sich so entwickeln kann wie Andy Murray. Djokovic hat auch so eine fantastische Entwicklung hinter sich. Ich schätze ihn, weil er ein grösseres Herz hat als ein Elefant. Er weiss gar nicht, was es heisst, zu verlieren. Er kann 0-6, 1-6, 0-4 in einem 5-Satz Match im Rückstand sein, und trotzdem gewinnt er noch. Und Andy Murray ist einfach ein Gentleman.
Interview von Florian Schär | Classicpoint.net | 2.12.2016
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