Konzert-Tipp

Eröffnungskonzert Festival Zwischentöne

Eröffnungskonzert Festival Zwischentöne

Fr., 18. Okt. 2024, 17:30 Uhr, Kursaal in Engelberg
«Distant Voices»
Werke von Schubert, Saariaho, Szymanowski und Hosokawa

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Saisoneröffnung mit Daniel Hope

Saisoneröffnung mit Daniel Hope

«Expressiv und Virtuos» mit Mendelssohn, Beethoven und Strauss
15. Oktober 2024 um 19:30 Uhr
Tonhalle Zürich

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Frankreich. Panis Angelicus.

Frankreich. Panis Angelicus.

Sonntag, 20. Oktober 2024, 18:00, Kartäuserkiche Basel
Werke von Henry Du Mont, André Campra, Nicolas Bernier

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Pirmin Huber Swiss Folk

Pirmin Huber Swiss Folk

Faszinierende Kombinationen aus archaischer Schweizer Volksmusik und groovigem Pop-Jazz, verbunden zu neuen Sounds.
17:30, Hotel Restaurant Hammer, nähe Luzern

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Aktuelles Interview

Erika Grimaldi

erika-grimaldi im aktuellen Interview.

Zum Interview...

Manfred Honeck im Interview

Manfred Honeck

« Ein Walzer ist kein Ländler. »

Manfred Honeck ist seit der Saison 2008/2009 Music Director beim Pittsburgh Symphony Orchestra. Neben Konzerten in der Carnegie Hall oder dem Lincoln Center in New York präsentieren er und das Orchester sich regelmäßig mit großem Erfolg auch dem europäischen Publikum: Gastspiele führen sie seit 2010 in zahlreiche europäische Musikmetropolen sowie zu den großen europäischen Musikfestivals, darunter Rheingau Musik Festival, Schleswig-Holstein Musik Festival, Beethovenfest Bonn, Musikfest Berlin, Grafenegg Festival, Lucerne Festival, Enescu Festival, Salzburger Festspielen und die BBC Proms. Eine enge Beziehung pflegen Manfred Honeck und sein Orchester zum Wiener Musikverein, welche im Rahmen der nächsten großen Tournee durch europäische Städte im Herbst 2019 fortgesetzt wird. Die Saison 2019/20 führt Manfred Honeck als Gastdirigent u.a. zum Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, Danish National Symphony Orchestra, Seoul Philharmonic, Chicago Symphony Orchestra, Münchner Philharmoniker, Accademia di Santa Cecilia, Wiener Symphoniker, WDR Sinfonieorchester, Oslo Philharmonic, London Symphony Orchestra und den Bamberger Symphonikern.

Classicpoint.net: Sie sind mit acht Geschwistern aufgewachsen und haben selbst 6 Kinder grossgezogen.
Ja, das war in der früheren Zeit durchaus üblich, eine größere Familie zu haben, vor allem auch in den ländlichen Gebieten. Ich bin ja im Vorarlberg aufgewachsen. Das ist natürlich schon ein sehr glückliches Leben, finde ich, weil wir einfach einen sehr guten Zusammenhalt haben und wir auch gelernt haben, Konflikte untereinander auszutragen und Rücksicht zu nehmen. Das ist in einer großen Familie etwas ganz Besonderes.
Nun, musikalisch gesehen ist das insofern fruchtbar, dass jedes der Kinder ein Instrument gelernt hat. Da haben wir sehr früh damit begonnen, gemeinsam zu spielen. Aber es war auch ein Leben der Entbehrungen. Die Nachbarn hatten zum Beispiel alle schon einen Fernseher gehabt. Das konnten wir uns einfach nicht leisten. Man konnte nicht in Gasthäuser gehen, das war unmöglich. Mein Vater hatte das Geld dafür nicht, aber wir Kinder haben das natürlich gar nicht gemerkt. Wir waren da sehr glücklich und ich möchte diese Großfamilie nicht missen, so wie ich jetzt meine eigenen Kinder nicht missen möchte. Es ist doch ein Geschenk, ein Kind zu haben. Ein einzelnes Kind ist schon ein Geschenk, aber ich liebe Kinder und ich liebe Familie.

Aus dieser Großfamilie ist ziemlich viel musikalisch entstanden. Ihr Bruder ist ja mittlerweile auch Konzertmeister der Wiener Philharmoniker.
Von den anderen Kindern sind vier Musiker geworden. Sie haben meinen Bruder Rainer schon erwähnt, der Konzertmeister bei den Wiener Philharmonikern ist. Meine Schwester ist in der Wiener Volksoper Solistin und mein ältester Bruder ist jetzt schon in Pension, aber er ist Kapellmeister und Korrepetitor gewesen an der Frankfurter Oper, also sind dann vier Kinder aus dieser neunköpfigen Familie beruflich Musiker geworden.
Da würde ich vielleicht noch etwas erwähnen, weil das für das Verständnis ganz wichtig ist: Mein Vater war sehr darauf erpicht, dass die kleinen Kinder eine gute Ausbildung auf dem Instrument haben. Er hat gesehen, dass das in diesen ländlichen, kleinen Dörfern vielleicht nicht so ganz möglich ist. So hat er sich entschlossen, mit der ganzen Familie nach Wien zu ziehen. Wie gesagt, ich habe das vorher schon erwähnt, dass wir kein Geld gehabt haben. Er hat trotzdem den Mut gehabt und das Risiko auf sich genommen, aus einem einfachen Grund: Er wollte die beste Qualität, die beste Ausbildung für seine Kinder haben. Wenn er diesen Schritt nicht gemacht hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht Dirigent geworden. Das zeigt, dass eine Entscheidung im Leben weitreichende Auswirkungen auf ein ganzes Leben haben kann, so wie es jetzt bei uns, bei meinen Geschwistern und mir gewesen ist.

Sie haben jetzt selber sechs Kinder. Sie sind aber sehr oft unterwegs. Wie kriegen Sie das mit Ihren Reisen unter einen Hut? Beziehungsweise wie hat das Ihre Frau gemacht, die ja zum Teil lange Zeit auf sich allein gestellt war mit dieser Großfamilie?
Natürlich gibt es auch hier Entbehrungen. Wir haben ein Zusammenleben, das sich irgendwie auf meinen Beruf einstellt. Aber ich denke, meine Frau ist da wunderbar gewesen. Sie hat mich so gestützt bei jeder Gelegenheit, bei jedem Engagement. Sie weiß auch um die Schwierigkeiten. Aber ich muss auch dazu sagen, dass heutzutage mit der Entwicklung der Technologie die Kommunikation mit den Kindern viel einfacher ist. Ich habe die Möglichkeit, fast täglich mit meinen Kindern, die jetzt ja schon erwachsen sind, über FaceTime zu kommunizieren. Als ich begonnen habe als Dirigent und eine Japan-Tournee gemacht habe, da hat es Handys überhaupt noch nicht gegeben. Da haben wir das alles über Briefe gemacht, was natürlich auch wunderschön war. Ich habe gerade unlängst einen Brief herausgefischt, und das bewegt mich schon und macht mich sehr traurig, dass wir heutzutage nicht mehr so viele Briefe schreiben. Das finde ich ein bisschen schade. Aber die Notwendigkeit gibt es eben nicht, weil wir eine Telefonnummer eintippen können, und schon sehe ich meine Frau oder meine Kinder am Handy oder auf dem Laptop. Das ist etwas, das heutzutage schon ein bisschen leichter ist. Natürlich ist die physikalische Präsenz noch immer sehr wichtig und kann durch nichts ersetzt werden, keine Frage. Aber ich denke, wenn meine Frau nicht bereit gewesen wäre, diesen Weg zu gehen, wäre es nicht möglich gewesen, eine Familie zu haben, oder sie wäre auseinandergebrochen. Ich bin sehr glücklich und sehr dankbar dafür, dass meine Frau dieses Verständnis hat, egal welche Schwierigkeiten, und dass wir trotzdem so ein Familienleben haben konnten.

Sie sind seit zehn Jahren Musikdirektor beim Pittsburgh Symphony Orchestra. Was zeichnet dieses Orchester aus?
Es ist ein großartiges amerikanisches Spitzenorchester. André Previn, Lorin Maazel und Mariss Jansons waren ja meine Vorgänger. Die Musiker sind von diesen großartigen Dirigenten geprägt worden, und die musikalische Qualität ist einfach ganz, ganz hervorragend. Aber das ist bei amerikanischen Orchestern eigentlich üblich, dass sie technisch sehr, sehr gut spielen, und sie immer vorbereitet in die erste Probe kommen. Die nehmen alle die Stimmen mit nach Hause und üben sie. Aber beim Pittsburgh Symphony Orchestra ist noch etwas auffallend. Das Pittsburgh Symphony Orchestra ist präzise, aber hat auch eine große Liebe zur Expressivität und zur Wärme, sodass sie leicht und elegant spielen können, zupacken können, enorm in Affekten spielen und mit großer Energie. Mir wäre es eigentlich zu platt zu sagen, einen europäischen Klang zu haben. Sie wissen ja, wie das ist – europäischer Klang, was ist europäischer Klang? Das kann man so eigentlich nicht definieren, denn Sankt Petersburg spielt anders als Wien, Wien spielt anders als Berlin, und das Orchestre de Paris spielt anders als die Londoner Philharmoniker. Man kann nicht sagen, dass es einen wirklich einheitlichen europäischen Klang gibt. Was wir unter europäischem Klang verstehen ist eigentlich dieser warme und in die Tiefe gehende Klang, der ja auf die Rundheit ausgerichtet ist. Und das hat das Pittsburgh Symphony Orchestra doch sehr deutlich. Ich finde das persönlich sehr interessant, weil man es eben sehr selten sieht, dass ein Orchester eine Persönlichkeit hat, dass es alles spielen kann, gleichzeitig aber immer auf der Suche nach der musikalischen Farbe ist. Das ist eben etwas Einzigartiges und das zeichnet das Pittsburgh Symphony Orchestra aus.

Sie sind ja als Gastdirigent bei den besten Orchestern der Welt am Pult. Was ist Ihrer Meinung nach bei allen Orchestern gleich und wo ist der Unterschied zu einem durchschnittlichen Profiorchester am meisten spürbar?
Ich möchte vielleicht vorwegsagen, dass heutzutage die Orchester sehr, sehr gut spielen. Das kann man nicht vergleichen mit vor 40, 50 Jahren. Die Musiker sind einfach hervorragend. Ich bin manchmal erstaunt bei Orchestern, die man vielleicht als durchschnittliche Orchester einstuft, wie gut diese Menschen, diese Musiker sind. Das Niveau ist sehr, sehr hoch, finde ich. Aber es ist natürlich manchmal schon so, und das ist für mich das allerwichtigste: Wie weit ist ein Musikverständnis schon angelegt? Wie weit gibt es in einem Orchester eine gewisse Tradition? Wie ich es vorher gesagt habe, die Wiener Philharmonie spielt anders als Berlin und ein deutsches Radioorchester wieder anders als das Orchestre de Paris und so weiter. Wie eingeschweißt ist ein Orchester bereits? Mit welchem Verständnis geht ein Orchester in die Probe und an die Musik heran? Aber letzten Endes ist es schlicht und einfach die Musikalität. Das Empfinden für die Musik ist letzten Endes das Entscheidende und da gibt es dann doch Unterschiede. Dass das Orchester schnell ist in der Umsetzung, wenn man schon eine Bewegung macht, dass sie schon reagieren und den Klang so einstellen wie es der Dirigent wünscht. Das betrifft jetzt nicht mich alleine, das betrifft jeden Dirigenten, aber dass sie sofort auf den Dirigenten eingehen können. Da gibt es dann doch Unterschiede. Manchmal erziele ich dieselben Ergebnisse, manchmal brauche ich mehr Proben, manchmal geht es eben schneller. Das ist dann der Unterschied.

Ich habe gelesen, dass Sie sehr religiös sind und auch vor den Konzerten beten, und sich das auch ein bisschen rumgesprochen hat. Auch Musiker aus dem Orchester und zum Teil Gäste nehmen daran teil.
Das ist aus gewissen natürlichen Gegebenheiten gekommen. Also ich mach da kein großes Trara draus, weil ich von meiner Haltung her so oder so jeden Tag bete und auch die Beziehung zu Gott suche. Es sind mal Musiker zu mir gekommen nachdem ich geprobt habe in Pittsburgh und sie haben mich gefragt, ob sie mit mir vor dem Konzert beten können. Da habe ich gesagt: "Natürlich, gerne! Das mache ich sowieso, also kommen Sie gerne." Dann hat sich das so eingebürgert, dass wir bei jedem Konzert beten. Das ist so schön, weil sich auch Freunde, Leute mit anderem Glauben oder solche, die gar keinen Glauben haben, dazugesellt haben und beten wollten. Ein ganz berührender Moment war zum Beispiel – Sie werden sich vielleicht erinnern, vor einigen Jahren ist in Pittsburgh ein Anschlag auf die Synagoge gewesen, und da sind einige Menschen gestorben – Wir haben ein Konzert gegeben, ein Memorial-Konzert für die Opfer der Synagoge. Ich habe die Rabbiner und diese jüdische Gemeinde zum Gebet eingeladen. Das war so etwas Schönes, einfach als eine Vorbereitung.
Und bei anderen Orchestern, z.B. bei der Tschechischen Philharmonie, wo mich Menschen einmal gefragt haben, ob sie eine Messe feiern dürfen. Das sind die Musiker gewesen, die mich gefragt haben. Das war dann schön, weil dort eigentlich die kulturkommunistischen Gremien gehaust haben. Im selben Haus, wo die Kommunisten waren, haben wir dann eine Messe gefeiert. Es gibt für mich besondere Momente, aber es ist so, dass ich es nicht an die große Glocke hänge, sondern es ist mir ein Bedürfnis. Ich bin erstaunt, wie viele Menschen dieses Bedürfnis teilen, gerade auch in Amerika, um sich vorzubereiten. Beim Sport ist das offensichtlich irgendwie Gang und Gäbe, im Kulturbereich weiß ich nicht, da kenne ich mich gar nicht so gut aus...

Sie hatten vorher über verschiedene Orchesterklänge gesprochen. Was suchen Sie selbst in einem Orchesterklang? Was ist Ihnen wichtig? Worauf legen Sie Wert?
Das ist sehr unterschiedlich. Wir spielen ja Musik unterschiedlicher Epochen, unterschiedlichen Geistes und da ist die Herangehensweise. Ich kann einen Bruckner, einen Brahms nicht übertragen auf Mozart. Das geht gar nicht. Der Klang muss aus dem Inhalt des Stückes kommen, aus der Komposition. Das ist das Erste, was wir Dirigenten machen müssen. Ich muss das Stück verstehen und dann den Klang so anlegen. Wen ich Dvořák 8. Sinfonie dirigiere, dann werde ich in die slawische Welt gehen und schauen, wie klingt eine tschechische Polka oder ein russischer Marsch oder ein slawischer Marsch. Wie sind die gespielt worden? Das sind die Kriterien, nach denen sich der Klang einstellen muss. Je älter ich geworden bin, je älter ich werde, desto mehr interessiert mich das auch, diese Klangeinstellungen, vor allem bei Bruckner, aber auch bei Gustav Mahler, wo wir doch alle Sinfonien sehr lieben und eben rauf und runter spielen und oft gar nicht mehr wissen, welchen Ursprung, welche Traditionen hier angelegt sind. Zum Beispiel der Wiener Rhythmus. Wir wissen ja, dass Mahler aus seiner Zeit komponiert hat und all diese folkloristischen Tänze mit einbezogen hat. In seiner fünften Sinfonie zum Beispiel und auch die neunte, das sind ja Ländler. Oft höre ich die Menschen sagen: "Wow, this is a wonderful waltz!" – "Das ist ein herrlicher Walzer!"
Dann muss ich immer korrigieren: "Nein, das ist kein Walzer, sondern ein Ländler." Aber welcher Ländler ist es? Da gibt es nämlich den Bayerischen Ländler, die steirischen Ländler, die niederösterreichische Ländler etc. Es sind verschiedene Arten. Wenn man das nicht weiß, spielt man die Musik so, wie es kommt, wie gesagt, wie ein Walzer, man versteht aber den Hintergrund nicht. So muss sich auch der Klang einstellen. Ein Ländler wird anders gespielt als ein Walzer, vielleicht herber, rustikaler, ich will nicht sagen grober, aber Mahler z.B. hat sehr oft geschrieben: "wild", "grob", "roh". Das waren seine Ausdrücke in der Partitur und in den Stimmen, weil er gewusst hat, wie das gespielt worden ist. So muss sich der Klang eben einstellen und ich finde das wichtig. Das geht bei Mozart genauso. Ich sage immer: "Wenn man keine Musik Kenntnis hat, dann lieber die Hände weg von Mozart. Man muss eben verstehen, wie es damals der Komponist selber gehört hat. In welchem Umfeld hat er das komponiert? In welchem Zustand war der Komponist? Für wen hat er komponiert? Was sind denn die Gegebenheiten, die Traditionen, und welcher hat er sich bedient? Wenn das bewusst wird, dann, glaube ich, findet man sehr schnell den Klang und das ist es, was für mich persönlich das Entscheidende ist.

Wie offen sind Sie für andere Musikstilrichtungen? Sie haben jetzt von Ländler gesprochen, klassische Musik sowieso. Aber wenn es jetzt darum geht – ja, man redet viel von Crossover – Pop mit reinzunehmen, Rock zu verbinden, neue Brücken zu schlagen. Wie stehen Sie dazu?
Ich meine, die Musik ist ja die Sprache der Welt, die jeder versteht. Ich kann mich da gar nicht einer herrlichen Unterhaltungsmusik entziehen oder eben auch Pop. Ich bin jetzt nicht so ganz in dieser Welt und bin auch nicht ganz so informiert über alles. Auch Jazz, ich meine, ich habe Gershwin dirigiert, das Klavierkonzert, An American in Paris, da wurde ja alles an die Jazz-Stilrichtungen angelegt, es sind bloß verschiedene Jazz-Stilrichtungen. Das ist etwas, das mich natürlich als Musiker immer wieder inspiriert und ich bin da sehr offen. Ich muss aber auch gestehen, dass gerade mein Beruf als Dirigent es verlangt, dass ich mich immer mehr spezialisiere, und das ist sehr zeitaufwendig. Da habe ich für andere Stilrichtungen keine Zeit mehr.
Gibt es überhaupt gute und schlechte Musik? Die Frage stelle ich mir sehr oft. Das ist ja doch eine sehr ernste Frage. Man hat z.B. in Krankenhäusern Untersuchungen gemacht und hat in einzelnen Krankenzimmern verschiedene Arten von Musik laufen lassen. Dann hat man untersucht, welche Musik den Genesungsprozess besser befördert hat, oder mit welcher Musik das erfolgreicher gewesen ist. Dann hat sich herausgestellt, dass Mozart und Bach ganz vorne waren. Da sieht man dann schon: "Okay, so falsch bin ich mit diesen beiden Komponisten nicht."
Aber ich habe mir gesagt, wenn es eine Musik gibt, die heilt, schneller heilt, dann gibt es vielleicht eine Musik, die nicht heilt. Ich kann Ihnen da keine Antwort geben, aber stelle schon fest, wenn ich mit Ärzten spreche, die mir immer wieder sagen, dass gerade bei jungen Leuten die Depression sehr zunimmt. Ich bin dann mal irgendwie ins Gespräch gekommen, wo manche Ärzte Befürchtungen haben, dass sowas wie Heavy Metal, also das Konsumieren dieser Musik, möglicherweise auch zu Depressionen führen kann. Das kann ich nicht bestätigen, aber ich habe mir die Frage gestellt, ob das auch eine Auswirkung hat, vielleicht diese Konzentration von depressiver oder vielleicht gewalttätiger Musik, die sie – ich spinne mal jetzt – von 0 bis 24 Uhr hören. Das ist etwas, bei dem Musik vielleicht einen etwas unangenehmen Einfluss haben kann. Da wäre es schön, wenn es eine Studie gäbe.

Haben Sie neben der Musik noch andere Leidenschaften?
Ich habe mich früher in der Kindheit für Fußball interessiert. Ich komme aus einer Großfamilie, da spielt man natürlich Fußball und das ist eine Leidenschaft gewesen. Aber jetzt muss ich leider gestehen, dass meine sportlichen Fähigkeiten etwas nachgelassen haben. Ich gehe in der Freizeit aber gerne in die Berge. Und wie ich vorher schon gesagt habe, eine ganz große Rolle spielt die Natur und der Glaube. Ich lese auch Bücher, sehr gern Biographien. Das mache ich dann, wenn es die Zeit erlaubt. Ansonsten bin ich sehr beschäftigt mit etwas sehr Schönem, nämlich der Partitur, die ja auch Buch sind, musikalische Bücher sind, wo man auch musikalische Weltreisen macht. Das ist sehr spannend. Das ist für mich von Berufs wegen sehr wichtig, aber es ist eben auch ein Hobby.

Zum Schluss vielleicht noch ein Blick in die Zukunft. Welche Projekte der Zukunft liegen Ihnen besonders am Herzen?
Ich habe sehr viel persönlich erreichen dürfen und bin dafür sehr dankbar. Für mich ist jedes Konzert ein Ereignis. Natürlich ist es toll, wenn man auf Tournee geht. Wir, das Pittsburgh Symphony Orchestra, machen jetzt im Oktober und November, eine European City Tour und im nächsten Sommer eine Festival-Tournee unter anderen zum Salzburg Festival. Weil 2020 ja das große Beethoven-Jahr ist, gehen wir auch nach Bonn zum Beethovenfest, und das sind für uns immer schöne Möglichkeiten, schöne Ereignisse. Wichtig für mich sind auch die Recordings. Wir haben gerade Bruckners 9. Sinfonie herausgebracht. Das ist für mich immer etwas ganz, ganz Tolles, wenn man eine neue CD einspielt. Es geht nicht nur darum, dass es eine neue CD gibt, sondern dass man den Stand des Wissens und den musikalischen Stand des Orchesters, auch meine eigenen Empfindungen dokumentiert. Das sind immer wieder schöne Ereignisse, weil es mir eben wichtig ist, dass es keine 08/15-CD wird, nur weil wir eine CD haben wollen, sondern dass es eine Interpretation hat, einen Klang hat, der vielleicht auch für die nächsten Jahre gültig ist. Das ist das Ziel, ob es einem gelingt, ist eine andere Sache...
Natürlich gehe ich auch gerne gastdirigieren. Wenn ich jetzt im Beethoven-Jahr Fidelio mache im Theater an der Wien, dort wo Beethoven Fidelio uraufgeführt hat, ist es natürlich ein Ereignis – wenn dann auch noch Christoph Waltz Regie führt, freue ich mich besonders. Das sind alles Highlights, die dieses Jahr kommen.


Interview von Florian Schär | Classicpoint.net | 3.10.2019
Fotograf: © Felix Broede

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